Das Zentrum für Politische Schönheit ist der radikale Flügel des Humanismus. Als Sturmtruppe zur Errichtung moralischer Schönheit, politischer Poesie und menschlicher Großgesinntheit werden mit den Aktionen die Macht der Phantasie mit der Macht der Geschichte verschmolzen. Grundüberzeugung ist, dass die Lehren des Holocaust durch die Wiederholung politischer Teilnahmslosigkeit, Flüchtlingsabwehr und Feigheit annulliert werden und dass Deutschland aus der Geschichte nicht nur lernen, sondern auch handeln muss.
Die Geschichte hat uns etwas zu erzählen. Die Toten haben uns etwas zu erzählen. Gedenken ist nicht abstrakt. Gedenken heißt Aufrütteln. Gedenken heißt Kämpfen. Die jeweils Gegenwärtigen sind verantwortlich für das Erinnern. Die Form dieser Erinnerung determiniert, ob wir die Fähigkeit besitzen, den Abgrund zuzuhalten. Die »Macht der Geschichte« hängt von unserem Gedenken ab. Handeln wir, ehe es zu spät ist.
Schwursäule: »Ich schwöre Tod durch Wort und Tat, Wahl und eigne Hand - wenn ich kann - jedem der die Demokratie zerstört.« Der Schwur stammt aus der Anfangszeit der Demokratie (410 v. Chr.) und findet seine Bekräftigung in der Intoleranz von Art. 20 Abs. 4 des Grundgesetzes: »Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.« Diese Gewalt- und Notwehrrechte sind demokratisch radikal (von Art. 18 gar nicht erst zu sprechen).
Vergessen nimmt uns die Angst vor den Möglichkeiten der Politik. Es gibt nicht nur eine Schuld am Holocaust. Es gibt auch einen Auftrag, der lautet: Über das abstrakte Gedenken hinaus den Faschismus ganz konkret und ganz real zu verhindern. Wir sind durch jede Zeit neu herausgefordert zu sagen, was das bedeutet. Heute werden Naziparolen offen auf den Straßen gebrüllt, Synagogen angegriffen, Menschen gejagt, Todeslisten angelegt und CDU-Politiker hingerichtet.
Die Verfassungsfeinde sind zurückgekehrt. Sie haben ein Viertel der Wählerstimmen im Osten. Sie sind bundesweit drittstärkste Kraft. Die Toten schreien. Unter den Vorsitzenden sind Mitglieder der harten rechtsextremen Szene. Und auch die Verräter der Demokratie sammeln sich. Der Holocaust ist kein Ereignis der mythischen Vorzeit. Er war möglich. Er ist möglich. Und er bleibt möglich. Es gibt kein »damals«, es gibt nur ein »dort«: Einen Ort, an dem der Abgrund klafft – für immer. Wenn wir diesen Abgrund nicht schließen können, müssen wir ihn bewachen. Die Geschichte lehrt, die Vorzeichen früh genug zu erkennen. Sie lehrt aber nicht, wie sie aussehen. Deshalb: Seht die Bedrohung. Seht die Geschichte. Seht den Auftrag: Gedenken heißt kämpfen.
Die Stelen in Bornhagen künden von der Notwendigkeit, eine Kultur der Erinnerung zu pflegen und deren Elemente zum notwendigen Zeitpunkt auch aktiv zu nutzen.
Das Zentrum für Politische Schönheit hat seine Vision eines besseren Kampfes für die Menschenrechte in einem Begriff geprägt, den es aktionskünstlerisch umsetzt: aggressiver Humanismus. Darin werden zwei Elemente zusammengedacht, die als unvereinbar galten: der europäische Humanismus und die Aggression. Der abendländische Humanismus war der Inbegriff der Menschenliebe, Güte und Freundlichkeit. Er verteidigte den Stellenwert von Bildung, Menschenliebe und benevolentia mit entschieden freundlichem Auftreten.
Eine mit moralischer Phantasie bewaffnete Wirklichkeit führt den Kampf um Menschenrechte radikaler als ein Kampf mit Hashtags, Lichterketten und Online-Petitionen. Der Kampf um Menschenrechte wird mit Fiktion und Phantasie gewonnen.
Der Begriff aggressiver Humanismus drückt die Einsicht aus, dass der Kampf um Menschenrechte viel zu höflich geführt wird, jedoch ein offensives Auftreten legitimiert. Die Folie des aggressiven Humanismus verweist auf eine Gruppe hochambitionierter Menschenrechtler, die politischen Widerstand leisten. Da diese großen Verteidiger der Menschenrechte, wie sie in historischen Gestalten wie Varian Fry, Beate Klarsfeld, Soghomon Tehlirian, Peter Bergson oder Simon Wiesenthal zu besichtigen sind, ausgestorben scheinen, versucht das Zentrum für Politische Schönheit deren Taten zu bergen und auszustellen — im »entstraften« Handlungsraum, den die Kunst bieten kann (vgl. Bredekamp 2005: 22).
Widerstand in der Gegenwart: Die Aktionen des Zentrums für Politische Schönheit erwecken den Geist des Widerstands zu neuem Leben. Mit Aggressivem Humanismus artikuliert das Zentrum für Politische Schönheit den Widerstand gegen Menschenrechtsverletzungen.Widerstand ist eine Kunst, die weh tun, reizen und verstören muss.
Die einzige weltweit nur von Björn Höcke anerkannte Terrororganisation. Wir machen für Sie Stress und radikalen Humanismus. Als Kompliz:in leisten Sie einen unschätzbaren Beitrag zur Erregung öffentlicher Unruhe. Sie erhalten nirgends so viel Aufruhr und Dissens für jeden gespendeten Euro wie bei uns.
Widerstand wird zur Kunst, Menschlichkeit zur Waffe, wenn sie sich selbst und die Gesellschaft mit politischer Poesie vor jenen schützt, die vom »Volk« sprechen und doch nur einige meinen, Spaltung und Hass nicht nur in Kauf nehmen, sondern sie zu ihrem modus operandi, der Rücksichtslosigkeit und Gewalt produziert, erheben.
Der Aufruf zur Handlung gilt aber eben auch einer wehrhaften Zivilgesellschaft, die ihre in Jahrhunderten von Widerstandsgeschichte erkämpften Menschenrechte immer wieder und weiterhin verteidigen muss, daran erinnert das Zentrum für Politische Schönheit.
Die Verwebung von historischem Widerstand mit der Kritik an zeitgenössischer Politik macht das zentrale Anliegen des Textes – und schließlich der gesamten Aktion.
So wird der Widerstand der Weißen Rose, konzentriert im Akt des Schreibens und Verbreitens von Flugblättern, ins Mimetische überführt.
»Widerstand ist Leben! Wir dürfen all die Revolutionäre nicht vergessen. Lasst uns genau wie sie, bis zum Ende Widerstand leisten – für die Befreiung der Gesellschaft aus der Diktatur. Denn gemeinsam sind wir stärker als jedes System. Tod dem Diktator!«
Bredekamp, Horst (2005): Der Künstler als Verbrecher. Ein Element der frühmodernen Rechts- und Staatstheorie, München.
Dietz, Georg (2023): Eine Geisteshaltung, die man einüben kann. URL: https://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/widerstand-undogmatische-menschlichkeit-bitte-kolumne-a-1218333.html (Stand: 29.03.2023).
Rigamonti, Nora (2021): »Aggressiver Humanismus« – Politischer Widerstand im 21. Jahrhundert. In: diskurs: Gefühle des Widerstandes (6), S. 105–127. Online verfügbar unter: https://doi.org/10.17185/diskurs/74377 (Stand: 29.03.2023).
Rummel, Miriam; Stange, Rainar; Waldvogel, Florian (2018): Haltung als Handlung - Das Zentrum für Politische Schönheit. München, edition metzel.
Scheuerle, Christoph (2016): »Die Systeme zum Tanzen bringen!« Von der Invasion zur Zerstreuung, vom Widerstand zur Widersprüchlichkeit. In: kritische Berichte: Ästhetik(en) des Widerstands (44/1), S. 20-30. Online verfügbar unter: https://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/kb/article/view/81130/75167 (Stand: 29.03.2023).
Zentrum für Politische Schönheit (2014): Aggressiver Humanismus - Von der Unfähigkeit der Demokratie, große Menschenrechtler hervorzubringen. Erstmals in: Bierdel, Elias / Lakitsch, Maximilian (Hrsg.): Wege aus der Krise. Ideen und Konzepte für Morgen [= Dialog. Beiträge zur Friedensforschung 63], Wien/Münster 2013, S. 105–119.